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ES Culham: DS6 2007/2008  
 
 

Kennzeichen Barocker Musik

Charakterisierung

Die zu Beginn des 17. Jahrhunderts aufkommenden Merkmale, die den Beginn eines neuen Musikzeitalters rechtfertigen, sind die Monodie (Sologesang mit Begleitung), der Generalbass und die neu entstandenen Gattungen Oper und Oratorium.

Kompositionstechniken

Form

Es war ein Merkmal der Zeit, der Form mindestens gleich viel Gewicht zuzumessen wie dem Inhalt. Während des Barock emanzipierte sich die – vorher streng an den Gesang gekoppelte – Instrumentalmusik. Dies zeigt sich im „konzertanten Prinzip“, dem bewegten Zusammenwirken und Wetteifern von Stimmen (vokal wie instrumental). Es entstand das „Concerto Grosso“, das das solistische („Concertino“) und chorische (Orchester, „Tutti“) Konzertieren von Instrumentengruppen bezeichnet. Weitere wichtige musikalische Formen, die sich im Barockzeitalter ausbildeten, waren Passacaglia, Chaconne, Fuge, Sonate, Solokonzert, Kantate und Passion.
Opern waren im Barock Populärmusik. Wenn eine Oper erfolgreich war, stellte man aus den darin enthaltenen Tanzsätzen Ouverturen, auch Suiten genannt, zusammen – man kann hier durchaus von „Auskopplungen“ sprechen. Menuette und andere Tanzsätze wurden im Nachhinein auch gern vertextet. So ist z. B. überliefert, dass es in Paris Anfang des 18. Jahrhunderts einen Interpreten gab, der Menuette zugleich sang und tanzte.

Ausdruck

Die musikalische Sprache und Melodienbildung beruhte auf einem reichhaltigen System von Figuren, die einer musikalischen Rhetorik entsprachen und an „Affekte“ gekoppelt waren, das heißt, menschliche Gemütszustände aufzuzeigen versuchten. Als nur eines unter sehr vielen möglichen Beispielen sei die chromatisch absteigende Basslinie (passus duriusculus) genannt, die gerne verwendet wurde, wenn ein Klagegesang zu komponieren war.

Besonders im Frühbarock wurde die venezianische Mehrchörigkeit – das Musizieren unter Einbeziehung der räumlichen Verteilung – weitergeführt.

Struktur

Die bereits im Mittelalter entstandene und in der Renaissance zu ihrer Vollendung geführte Polyphonie, also das Zusammenklingen selbstständig geführter Melodielinien, fand breite Verwendung im Barock. Oft wurde diese polyphone Struktur imitatorisch komponiert, beispielsweise in Fugen. Zu den Melodiestimmen trat meist der Generalbass, eine in einer besonderen Ziffernnotation aufgezeichnete, durchgehende und improvisatorische Begleitung durch mehrstimmige Instrumente wie Orgel, Cembalo oder Laute, häufig verstärkt durch ein weiteres Bassinstrument wie Cello, Kontrabass oder seltener Fagott.

Der gesamte Konzertsatz wurde durch das Eröffnungsmotiv melodisch wie rhythmisch geprägt; Ritornelle des Tutti gliederten den Gesamtablauf. Eine beständige Wiederholung rhythmischer und melodischer Kleinmotive (Motorik) führte zu einer festen Betonungsordnung und Akzentgliederung. Als charakteristische Schlusswendungen zur formalen Gliederung und Abgrenzung klarer Tonartenbereiche (Dur- und Moll-Tonarten) dienten Kadenzen.

Klangtheorie

Die Barockmusik wurde durch die Erkundung der Chromatik geprägt. Die früher gebräuchlichen Kirchentonarten wurden durch Dur und Moll ersetzt. Aus den in der Renaissance aufgekommenen mitteltönigen Simmungen wurden später die temperierten Stimmungen entwickelt, um das Spiel in vielen Tonarten ohne extrem scharf klingende Intervalle zu ermöglichen.

Instrumente

Viele der noch heute gebräuchlichen Instrumente wurden in der Barockzeit entwickelt. Die barocken Formen dieser Instrumente unterscheiden sich jedoch im Klang beträchtlich von ihren Nachfahren, da ein ganz anderes Klangideal vorlag, bei dem Instrumente an die menschliche Stimme erinnern sollten. Streichinstrumente (Barockvioline), aber auch Holzbläser klangen allgemein leiser, weniger strahlend und tragfähig, dafür aber weicher und modulationsfähiger in der Klangfarbe.

Der große Instrumentenreichtum der Renaissance schwand im Barock. Bei den Flöten konnte sich die Blockflöte noch längere Zeit als Soloinstrument in Diskantlage behaupten, ehe sie von der Querflöte verdrängt wurde. Die Rohrblattinstrumente der Renaissancezeit verschwanden vollständig. Aus dem Pommer wurde die wesentlich leisere Oboe entwickelt. Bassdulzian und Rankett, die noch im Frühbarock eingesetzt wurden, wurden später vom aus dem Dulzian entwickelten Fagott abgelöst. Bei den Blechblasinstrumenten wurden die Posaune und zunächst auch der Zink übernommen. Letzterer wurde später von der Barocktrompete, aber auch der Violine verdrängt. Bei den Streichinstrumenten verschwanden Liren, Rebecs, Fideln und zuletzt auch die Gamben und wurden durch die Violinenfamilie ersetzt. Bei den Zupfinstrumenten wurden Harfe und Laute übernommen und weiterentwickelt. In Italien kam die aus der Mandora entwickelte Mandoline auf. Von den Schlaginstrumenten der Renaissance wurde nur die Pauke übernommen. Dafür gab es in dieser Zeit aber einige kuriose Erscheinungen wie das pantalonische Cymbal in Sachsen und das Salterio in Italien, das sogar eine gewisse Breitenwirkung erlangte. Vor allem in der französischen Barockmusik wurden gelegentlich ältere Instrumente wie die Drehleier oder leise klingende Sackpfeifen eingesetzt.

Das auf Streichinstrumenten aufgebaute und mit Blasinstrumenten ergänzte Orchester, darunter zum Beispiel die berühmte Kurfürstlich-Sächsische und Königlich-Polnische Kapelle in Dresden und Warschau, begann sich zu standardisieren – in schrittweiser Abkehr von den freien und wechselnden Instrumentalbesetzungen der Renaissance.

Tasteninstrumente wie Cembalo und Orgel erfuhren eine Erweiterung ihres Umfangs bzw. ihrer Register und eine Verbesserung ihrer Mechanik.