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ES Culham: DS6 2007/2008  
 
 

Hofmann von Hofamnnswaldau

Hofmann

Christian Hofmann von Hofmannswaldau wurde am 25.12.1617 in Breslau geboren. Er entstammte einer Breslauer Patrizierfamilie. Sein Vater war ab 1622 Kaiserlicher Rat und zuvor schlesischer Kammersekretaer. Zuerst besuchte er das Breslauer Elisabeth-Gymnasium und spaeter das Akademische Gymnasium in Danzig. Er machte Bekanntschaft mit Opitz und Gryphius, 2 weiteren wichtigen Autoren des Barock. Zwischen 1639 und 1641 reiste er durch Europa. 1657 wurde auch er Kaiserlicher Rat wie auch Senator in Breslau. 1677 wurde  er in Breslau Buergermeister. Am 18.04.1679 starb er ebenda.
Werke:
Die Welt
Was ist die Welt / und ihr berühmtes gläntzen?
Was ist die Welt und ihre gantze Pracht?
Ein schnöder Schein in kurtzgefasten Gräntzen /
Ein schneller Blitz bey schwartzgewölckter Nacht.
Ein bundtes Feld / da Kummerdisteln grünen;
Ein schön Spital / so voller Kranckheit steckt.
Ein Sclavenhauß / da alle Menschen dienen /
Ein faules Grab / so Alabaster deckt.
Das ist der Grund / darauff wir Menschen bauen /
Und was das Fleisch für einen Abgott hält.
Komm Seele / komm / und lerne weiter schauen /
Als sich erstreckt der Zirckel dieser Welt.
Streich ab von dir derselben kurtzes Prangen /
Halt ihre Lust vor eine schwere Last.
So wirstu leicht in diesen Port gelangen /
Da Ewigkeit und Schönheit sich umbfast.

Die Welt (2)
Was ist die Lust der Welt? nichts als ein Fastnachtsspiel /
So lange Zeit gehofft / in kurtzer Zeit verschwindet /
    Da unsre Masquen uns nicht hafften / wie man wil /
Und da der Anschlag nicht den Ausschlag recht empfindet.
    Es gehet uns wie dem / der Feuerwercke macht /
Ein Augenblick verzehrt offt eines Jahres Sorgen;
    Man schaut wie unser Fleiß von Kindern wird verlacht /
Der Abend tadelt offt den Mittag und den Morgen.
    Wir Fluchen offt auf dis was gestern war gethan /
Und was man heute küst / mus morgen eckel heissen /
    Die Reimen die ich itzt geduldig lesen kan /
Die werd ich wohl vielleicht zur Morgenzeit zerreissen.
    Wir kennen uns / und dis / was unser ist / offt nicht /
Wir tretten unsern Kuß offt selbst mit steiffen Füssen /
    Man merckt / wie unser Wuntsch ihm selber wiederspricht /
Und wie wir Lust und Zeit als Sclaven dienen müssen.
    Was ist denn diese Lust und ihre Macht und Pracht?
Ein grosser Wunderball mit leichtem Wind erfüllet.
    Wohl diesem der sich nur dem Himmel dienstbar macht /
Weil aus dem Erdenkloß nichts als Verwirrung quillet.

Ist denn dein hertze gar erfroren?
Bist du aus schnee und eiß gebohren?
    Hörst du mein seuffzen nicht /
    Und was mein unmuth spricht?
Soll ich dich göttin nennen?
    So nimm des Himmels wehmuth an
    Der leichtlich sich erbarmen kan /
Und uns nicht ewig läst in hoffnungs-flamen brennen.
Des blutes regung zu vermeiden /
Und gantz von fleisch und blut zu scheiden
    Ist nirgends ein gebot /
    Es heissets auch nicht GOtt;
Sich selber zu verlassen
    Ist eine flucht / so sträfflich ist
    Und wer ihm solche bahn erkiest
Den muß die menschlichkeit als einen unmensch hassen.
Du kanst ja deiner nicht geniessen /
Kein mund weiß selber sich zu küssen
    Der schnee auf deiner brust
    Bringt dir geringe lust.
Die fleischichten Granaten
    Seynd nicht allein vor dich erdacht
    Kein mensch ist vor sich selbst gemacht;
Es weiß der klügste geist ihm hier nicht recht zu rathen.
Die rose suchet ihr verderben /
Die auff dem stocke wünscht zu sterben
    Und nur ihr gantz allein
    Meynt angetraut zu seyn.
Wilst du dich selbst begraben?
    Wer sich in sich umsonst verzehrt
    Ist warlich seiner selbst nicht werth
Und muß der thorheit schuld an seiner grabstatt haben.
Bezwinge weißlich dein gemüthe
Und folge zeitlich dem geblüte
    Darein im paradieß
    GOtt selber funcken bließ;
Wer kan ihm widerstreben?
    Schau ich dein helles antlitz an
    So fühl ich was der himmel kan
Und wünsch auf deiner brust verparadiest zu leben.

   Es will die ungerathne zeit /
Daß ich zwey Lippen soll verlassen
        Da tugend / lieb und freundlichkeit /
Als treue schwestern sich umfassen /
        Wo schöne rosen stehn /
        Die auch im winter nicht vergehn.
        Ich kan fast nicht von deiner hand
Den schwachen arm zurücke ziehen /
        Ich fühle wie ein strenges band
Sich mich zu fesseln will bemühen /
        Die ohren klingen mir:
        Getreuer Damon bleibe hier.
        Ich kenne meine fehler wohl /
Ich muß die schuldigkeit vermeiden /
        Ich weiß daß ich dir folgen soll /
Doch mein verhängniß heist mich scheiden /
        Mit einer solchen schuld
        Hat auch die ungedult gedult.
        Mein geist ist dir genug bekandt /
Du weist ja meine treue sinnen /
        Hätt ich dich auff das grüne land /
Wie ich gewünscht / begleiten können /
        So sagt ich gar gewiß:
        Es ist dein feld mein paradieß.
        Doch ist gleich hand und fuß nicht frey /
So weiß mein geist kein band zu nennen /
        Er reist der zeiten garn entzwey /
Und wünscht dir freudig nachzurennen;
        Mein geist wird dir allein
        Viel näher als der schatten seyn.
        Der gipffel / so sich itzt bewegt /
Das rauschen / so dein ohr verspüret /
        Wird durch der seuffzer trieb erregt /
Die meine matte zunge führet /
        Ich weiß / daß iedes blat
        Mit meiner noth erbarmniß hat.
        Doch schwebt erbarmniß auch um dich /
So brich nicht gäntzlich mein gelücke /
        Und denck in meiner noth auff mich;
Gib mir ein halbes wort zurücke /
        Ein wort so mir beliebt /
        Und wieder neue kräffte giebt.

Vergänglichkeit
Entferne dich du eitles wesen /
    Dein schnödes blendwerck treugt mich nicht /
Mein fester sinn hat ihm erlesen /
    Das weder zeit noch wechsel bricht.
        Dein falsches scheinen
        In glück und freud /
        Kehrt bald in weinen
        Der schnellen zeit
        Vergänglichkeit.
Wie blumen / die des sommers blühen /
    Und wenn der abend sich einstellt /
Sich zu der erden niederziehen /
    So ist das wesen dieser welt.
        Wohl! wer im leben /
        Bey freud und leid /
        Sich nicht ergeben
        Der schnellen zeit
        Vergänglichkeit.
Wo sind die theuren Mausoleen?
    Wo der palläste göldne pracht?
Wo sind Egypten deine höhen?
    Die zeit hat staub daraus gemacht.
        Wohl! wer im leben etc.
Wen itzt das glücke hochgestellet /
    Dem man geküsset fuß und hand /
Des stuhl wird alsbald umgefället /
    Von dieser zeit in unbestand.
        Wohl! wer im leben etc.
Der schönheit theure himmels-waare /
    Der gestern man als einem GOtt
Gebauet tempel und altare /
    Wird heute motten / asch und koth.
        Wohl! wer im leben etc.
Was hilfft der schatz / der kaum zu zehlen?
    Er mehret nur der sorgen harm /
Ein böser tag kan uns ihn stehlen /
    So sind wir gleich den bettlern arm.
        Wohl! wer im leben etc.
Zwar güter / muth und frische glieder
    Sind werthe gaben / wer sie hat;
Doch schlägt ein unfall jene nieder /
    Und diese macht ein windlein matt.
        Wohl! wer im leben etc.
Die zeit reist kron und purpur abe /
    Zeit ist der dinge rauberin;
Die zeit trägt alle welt zu grabe /
    Der zeit kan keine zeit entfliehn.
        Wohl! wer im leben etc.
Ist nichts beständige nun zu finden /
    So nicht der zeiten zahn verzehrt /
Wer will sein thun hier feste gründen /
    Weil alles wie ein kleid verfährt.
        Wohl! wer im leben etc.
Fleuch nun du schatten-gleiches wesen /
    Dein schnödes blend-werck treugt mich nicht.
Mein sinn hat ihm vor dich erlesen /
    Was weder zeit noch wechsel bricht.
        Mein gantzes leben
        Zu iederzeit /
        Bleibt fest ergeben /
        In freud und leid /
        Der ewigkeit.
 
Vergänglichkeit der schönheit
Es wird der bleiche tod mit seiner kalten hand
Dir endlich mit der zeit umb deine brüste streichen /
Der liebliche corall der lippen wird verbleichen;
    Der schultern warmer schnee wird werden kalter sand /
    Der augen süsser blitz / die kräffte deiner hand /
Für welchen solches fällt / die werden zeitlich weichen /
Das haar / das itzund kan des goldes glantz erreichen /
    Tilgt endlich tag und jahr als ein gemeines band.
Der wohlgesetzte fuß / die lieblichen gebärden /
Die werden theils zu staub / theils nichts und nichtig werden /
    Denn opfert keiner mehr der gottheit deiner pracht.
Diß und noch mehr als diß muß endlich untergehen /
Dein hertze kan allein zu aller zeit bestehen /
    Dieweil es die natur aus diamant gemacht.

Die allgemeine Vergängligkeit
Es zeiget sich der Tod in iedem Augenblicke /
    Der Tag / so gestern war / kommt nimmermehr zurücke;
    Er ist dahin / bleibt hin / und starb nach seiner Art;
    Der Lippen kluges Wort / das Werck gelehrter Hände
    Hat seinen Untergang / und sein bestimmtes Ende /
    Was Welt und weltlich heist muß auf die Todesfahrt.
Was stirbt uns täglich nicht an prächtigen Gedancken?
    Was Leichen liegen nicht in diesen weiten Schrancken?
    Was Schlösser sincken nicht durch Hoffnung aufgebaut?
    Was stirbet nicht in uns von Regung und Begierde?
    Was stirbet nicht in uns von Anmuth und von Zierde?
    Der Mensch ist Leichenvoll / wenn er sich recht beschaut.
Die Kindheit ist verwest / und kommt zu uns nicht wieder /
    Der Frühling der Gestalt / der Sommer unsrer Glieder /
    Der Sinnen weiser Herbst / der That mit Rath verbringt /
    Verstreicht / erstirbt / erblast. An stat der weissen Seyde /
    Gehn wir mit grauem Haar und Runtzeln in dem Leide /
    Weil Hust- und Keuchen uns ein heisser Grab-Lied singt.
Das Alter muß in sich die schwartze Bahre haben /
    Verschleust sich wie ein Tuch / wird in sich selbst begraben /
    Und schickt den kleinsten Rest des Leibes in das Grab /
    Verstirbt auch eh es stirbt / Ihm / Freunden / Kind und Weibe /
    Und sucht / so gutt es kan / dem abgematten Leibe
    Der Kindheit erstes Pferd / halb kindisch einen Stab.
Diß was durch Menschen Hand ist worden aufgeführet /
    Die Seule / die erkühnt die Wolcken fast berühret /
    An der vermischtes Ertzt umhalst den Marmelstein /
    Stirbt eben so / wie wir. Wir schauen / wie die Bogen /
    Dadurch Domitian und Titus ist gezogen /
    Zustümmelte Geripp' und halb begraben seyn.
Diß was Vespasian zum Schauplatz ihm erkohren /
    Und in dem Tode noch Paläste hat gebohren /
    Ist zwar Verwunderung / doch auch des Traurens werth /
    Nichts lebet / was allda gesessen und geschauet /
    Es hat / was dazumahl auf ewig war gebauet /
    Der Zeiten Zahn zermalmt / der Jahre Rest verzehrt.
Das grosse Capitol / der Brunnen der Gesetze /
    Der Sieger treue Schloß / der Sammelplatz der Schätze /
    Da vormahls ieder Raum lag Kunst und Reichthum voll /
    Hat aufgehört zuseyn: was Capitol itzt heisset /
    Und jenem alten gleich zuwerden sich befleisset /
    Dient itzt vor Grabe-Stein dem alten Capitol.
Aegyptens Wunderwerck geht mehrentheils zu Grunde /
    Des Rhodis Roland hat vorlängst die letzte Stunde /
    Mausolus Wunder-Grab ist Leiche dieser Zeit:
    Die Pracht in Epheso / die Macht von Babels Mauren /
    Die wusten vor der Hand der Zeiten nicht zu tauren /
    Kein Bild des Jupiters / kein Pharos blieb befreyt.
Die Stadt in Griechen-Land / wo Kunst und Pracht gesessen /
    Die hat der harte Zahn der Zeiten aufgefressen /
    Ihr Witz und Höflichseyn ist in der faulen Nacht /
    Es liegt die Barberey auf diesen edlen Leichen;
    Wo vor die Stoa war / dar schaut man Nattern schleichen /
    Und ist zu wenigern / als Ziegel Grauß gemacht.
Was angeanckert schien dem Mittel-Punct der Erden /
    Verfiel zu seiner Zeit und must ein Unding werden /
    Carthago und Corinth liegt itzt dem Boden gleich.
    Was itzt noch mächtig ist / wird auch nicht ewig bleiben /
    Die Mauren kan die Zeit als wie das Fleisch zerreiben /
    Und alles zeucht der Todt in sein verweßlich Reich.
Man sagt vor Zeiten ist Lyceum groß gewesen /
    Wer weiß / wer künftig wird in der Sorbone lesen?
    Areopagus fiel: das grosse Parlament /
    So Franckreich mächtig macht / kan endlich auch verschwinden;
    Es mag was weltlich ist mit Ertzte sich verbinden /
    So wird es durch den Stoß der Zeiten doch getrennt.
Es läst der Berge Last sich ihre Last bestreiten /
    Die Wälder brechen ein: Was hemmt den Sturm der Zeiten /
    So Städte niederreist / und Länder tilgen kan?
    Es ist die alte Welt ein grosses Bein-Hauß worden /
    Es muß die neue Welt auch in den bleichen Orden /
    Und was den Anfang hat / muß auf die Todes-Bahn.
Kan sich die gantze Welt des Todes nicht erwehren /
    Wie wollen wir uns doch durch Ach und Ach verzehren /
    Wenn da und dort ein Freund uns aus den Augen tritt?
    Wir folgen diesen nach / so uns zuvor gegangen /
    Und keinen Frey-Brieff kan die Sterbligkeit erlangen;
    Der Tod ist der Natur ein allgemeiner Schritt.
Ich bin nicht Stahl und Eiß; und kan hier leicht gedencken /
    Der edlen Freundschaft wird diß Hertz und Sinnen kräncken /
    Daß Bruder / Mann / und Freund itzt auf der Bahre steht /
    Daß nun die Hoffnung ist mit ihm zugleich gestorben /
    Und seine Jugend nicht die Jahre hat erworben /
    Da man gebuckt und grau zu seinem Grabe geht.
Daß / wie der Anfang war / das freundliche Gelücke
    Ihn ferner nicht gekrönt mit angenehmen Blicke /
    Und Lorber-Zweige hat dem Scheitel beygelegt /
    Daß seiner Tugend nicht mehr Früchte zugeflossen /
    Davon er allbereit die Würdigkeit genossen /
    Daß man mit Helm und Schild ihn itzt zu Grabe trägt.
Daß ihn der Todt vielleicht der Ehre nun entrücket /
    Die ihn vor diesem hat begrüst und angeblicket /
    Daß er vom Sonnenschein in diesen Schatten muß /
    Daß man ihn in die Schoß der Fäulnüß sol versencken /
    Und das Gelück ihn nicht sol aus dem Becher träncken /
    Der angefüllet ist mit Lust und Uberfluß.
Nur Sanftmuth und Geduld legt diese lieben Glieder /
    Wie das Verhängnüß wil / mit treuen Händen nieder.
    Das Weinen schwächet nur und hilfft den Todten nicht /
    Was zeitlich schlaffen geht entweichet vielen Sorgen /
    Der Todt entrücket uns oft einem bösen Morgen /
    Der nur mit Hagel dräut / und unsre Wolfarth bricht.
Was hier verfaulen wird / keimt zu dem neuen Leben;
    Der Höchste wird den Leib der Seelen wieder geben /
    Denn sol auf Ewigkeit ein neu Verlöbnüß seyn.
    Last ruhen / was ihm Gott zu Bette hat geführet /
    Der Vater liebt ein Kind / wenn er Gehorsam spüret /
    Kommt doch auf diese Nacht der rechte Sonnenschein.